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T 0295/22: Apremilast-Entscheidung beleuchtet Hoffnungen und Herausforderungen für breite Ansprüche auf zweite medizinische Verwendung

Januar 2025

Dieser Fall gibt Aufschluss über die Auslegung von Verwaltungsmerkmalen in Ansprüchen auf eine zweite medizinische Verwendung durch das EPA. Während die Tür für umfassendere Ansprüche auf eine zweite medizinische Verwendung offen zu stehen scheint, können sie Herausforderungen hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit darstellen. Darüber hinaus wurde ein besonders strenger Ansatz in Bezug auf hinzugefügte Stoffe gewählt.

Die Kammer in T 0295/22 widerrief das Patent EP 2962690 von Amgen, das auf Apremilast (Otezla) gerichtet ist, einen Einzel-Enantiomer-Inhibitor der Phosphodiesterase 4 (PDE4), der bei oraler Einnahme zur Behandlung von Psoriasis-Arthritis, Psoriasis und Morbus Behcet indiziert ist. Die vom Patentinhaber im Berufungsverfahren geltend gemachten Ansprüche wurden als nicht erfinderisch im Vergleich zu US 6020358 (D1) eingestuft.

D1 ist ein Gattungs-Patent, das das Racemat von Apremilast unter den zwanzig Verbindungen veranschaulicht, die auf ihre PDE4-hemmende Wirkung untersucht wurden. In D1 wird dargelegt, dass sowohl die Racemate der Verbindungen als auch die einzelnen Isomere – die optische Reinheit wird mit > 95 % angegeben – Teil der Erfindung sind und dass neben anderen Verabreichungswegen auch eine orale Verabreichung vorgesehen ist. Keine der beispielhaften pharmazeutischen Zusammensetzungen enthielt racemisches Apremilast.

Das strittige Patent enthält Daten, die zeigen, dass Apremilast in 98 % e.e. im Vergleich zum Racemat eine überlegene PDE4-Selektivität und Wasserlöslichkeit aufweist, zusammen mit einem hervorragenden therapeutischen Index bei oraler Verabreichung. Während des Einspruchsverfahrens war das Patent in geänderter Form aufrechterhalten worden, wobei sich Anspruch 1 auf stereomerenreines Apremilast mit mehr als 94 % e.e. zur Verwendung als oral verabreichtes Medikament bezog. Amgen und zahlreiche Einsprechende legten Berufung ein, und während des Berufungsverfahrens versuchte Amgen, analoge Ansprüche zu verfolgen, die auf mehr als 60 % e.e. Apremilast erweitert wurden.

Verwaltung in Ansprüchen für die zweite medizinische Verwendung

Der Ausschuss prüfte, ob der Verabreichungsweg eines Arzneimittels ein charakteristisches Merkmal des beanspruchten Gegenstands darstellen kann. Wenn für eine bekannte Substanz oder Zusammensetzung eine therapeutische Verwendung gefunden wird, kann das Produkt möglicherweise durch seine Verwendung als Medikament als erster Anspruch auf medizinische Verwendung beansprucht werden. Wenn dann festgestellt wird, dass dasselbe Produkt für eine andere therapeutische Verwendung eingesetzt werden kann, kann das Produkt möglicherweise durch diese weitere „spezifische Verwendung“ als zweiter Anspruch auf medizinische Verwendung geschützt werden. G 2/08 bestätigt, dass die „spezifische Verwendung“ nach Artikel 54 (5) EPÜ nicht auf eine andere Krankheit beschränkt ist, sondern auch ein neues Dosierungsschema oder eine neue Patientensubgruppe (z. B. unterschieden nach pathologischem Status) umfassen kann. In den Prüfungsrichtlinien wird jedoch darauf hingewiesen, dass ein anderer Verabreichungsweg eines Arzneimittels nicht patentierbar wäre, es sei denn, der Weg stünde im Zusammenhang mit einer bestimmten therapeutischen Indikation. Hier stellte die Kammer fest, dass das Merkmal der „oralen Verabreichung“ auf der Grundlage der Schlussfolgerungen in G 2/08 und im Gegensatz zu den Richtlinien einer spezifischen Verwendung im Sinne von Artikel 54 Absatz 5 EPÜ gleichkommt, ohne auf eine bestimmte medizinische Indikation beschränkt zu sein, und charakterisierte die Ansprüche entsprechend.

Dementsprechend entschied die Kammer, dass sich die Ansprüche von D1 durch die orale Verabreichung des Wirkstoffs unterscheiden. Zum Leidwesen des Patentinhabers entschied die Kammer, dass es für einen Fachmann naheliegend gewesen wäre, stereomerenreines Apremilast oral zu verabreichen, auch wenn die beobachtete Wirkung unerwartet vorteilhaft war, da andere Dokumente des Stands der Technik zeigten, dass nach oraler Verabreichung der PDE4-Inhibitoren Cilomilast und Roflumilast positive Ergebnisse erzielt wurden und ein weiteres Thalidomid-Analogon mit einem günstigen therapeutischen Index gegenüber Erbrechen beschrieben wurde.

D1 enthielt keine Daten über die therapeutische Wirkung bei Menschen oder Tieren, sodass der Patentinhaber argumentierte, dass es keine befähigende Offenbarung für die Verwendung der Verbindungen als Medikament darstelle. Das Board kam zwar zu dem Schluss (unter Berufung auf T 230/01), dass der Patentinhaber nicht eindeutig nachgewiesen habe, dass D1 keine Befähigung zur medizinischen Verwendung von Apremilast bietet, doch im Zusammenhang mit der erfinderischen Tätigkeit schien das Board das Fehlen experimenteller Daten in D1 zu berücksichtigen, obwohl dies in diesem Fall nicht ausreichte, um den Ausschlag zugunsten von Amgen zu geben.

Strikter Ansatz bei der Auswahl zusätzlicher Elemente

Das EPA wendet bei zusätzlichen Elementen in der Regel das Zwei-Listen-Prinzip an, wonach ein Gegenstand, der sich aus der Auswahl einer Option aus einer Liste (eine Auswahl) ergibt, als offenbart gilt, während ein Gegenstand, der sich aus der Auswahl von Optionen aus zwei oder mehr unabhängigen Listen (Mehrfachauswahl) ergibt, als nicht in individualisierter Form offenbart gilt. Es ist von entscheidender Bedeutung, was als Auswahl gilt. So wird beispielsweise die Eingrenzung einer langen Liste auf die bevorzugten Optionen im Allgemeinen nicht als Auswahl betrachtet.

Hier verfolgte der Vorstand einen relativ strengen Ansatz bei der Beurteilung dessen, was als Auswahl gilt. In der Beschreibung wurden verschiedene Definitionen von „stereomerenrein“ angegeben, wobei die einzige Definition, die direkt den e.e.s entspricht, als konvergente Liste von den breitesten (60 % e.e.) bis zu den bevorzugteren (höheren) e.e.s dargestellt wurde. In der Regel betrachtet das EPA die Einführung der breitesten Option einer konvergenten Liste aus der Beschreibung nicht als eine Auswahl, da ihr Umfang derselbe ist wie die gesamte Liste, die mit den bevorzugteren Optionen als optionale Merkmale verwendet werden. Angesichts der Vielzahl von Definitionen und des Fehlens einer erklärten Präferenz betrachtete der Ausschuss jedoch 60 % e.e. als eine Auswahl.

Mit diesem Ansatz umging das Board ein heikles Problem der Klarheit aus erster Instanz: Das OD hatte in einem Anspruch einen Widerspruch zwischen dem Begriff „stereomerenrein“ und relativ niedrigen enantiomeren Reinheiten wie 60 % e.e. gesehen, während es sich damit zufrieden gab, dass höhere e.e.s damit vereinbar waren. Wo diese Grenze gezogen werden sollte, dürfte schwer zu entscheiden sein.

Schlussfolgerungen und praktische Hinweise

Obwohl diese Entscheidung einen nützlichen Präzedenzfall für die Verfolgung von Ansprüchen auf eine zweite medizinische Verwendung darstellt, die auf neue Verabreichungswege eines bekannten Arzneimittels abzielen, deutet sie auch darauf hin, dass es schwierig sein könnte, solche Ansprüche zu gewähren, es sei denn, es gab eine bekannte Voreingenommenheit/signifikante Hindernisse im Stand der Technik, das Arzneimittel über den beanspruchten Weg zu verabreichen. Die Entscheidung hebt hervor, dass es bei der Ausarbeitung europäischer Anmeldungen zu Dosierungsschemata ratsam sein kann, den Gegenstand sowohl mit als auch ohne Bezugnahme auf die Krankheit zu definieren, um größtmögliche Flexibilität und potenziell den breitesten Schutzumfang zu gewährleisten.


Bei Fragen zu diesem Thema wenden Sie sich bitte an die Autoren Nick Howe oder Robert Scanes.

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