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IP Ingredients, Teil 9: Schutz eines Lebensmittel- oder Getränkeherstellungsprozesses
März 2024
Während Patente am häufigsten mit neuen Produkten wie Lebensmittelzusammensetzungen oder Lebensmittelzubereitungsgeräten in Verbindung gebracht werden, können sie auch für neue Verfahren erteilt werden.
Verfahrenspatente werden manchmal als weniger wertvoll angesehen als Patente, die Produkte schützen. Dies liegt daran, dass es schwieriger sein kann, ein Verfahrenspatent durchzusetzen, da Sie möglicherweise nicht in der Lage sind (z. B. durch Analyse des auf dem Markt befindlichen Produkts) festzustellen, ob Ihre Konkurrenten Ihr patentiertes Verfahren hinter verschlossenen Türen anwenden. Dennoch können Verfahrenspatente einen kommerziellen Wert darstellen, indem sie auf potenzielle Verletzer abschreckend wirken, den Schutz auf einen anderen Aspekt Ihrer Technologie ausdehnen und einen Mehrwert für Ihr IP-Portfolio darstellen.
Wann ist ein Verfahren patentierbar?
Ein Verfahren muss nicht zur Herstellung eines völlig neuen Produkts dienen, um patentierbar zu sein, kann es aber. Auch ein modifiziertes Verfahren zur Herstellung eines bestehenden Produkts kann patentiert werden, sofern das Verfahren selbst neu (d. h. noch nirgendwo zuvor offenbart) und erfinderisch (d. h. keine offensichtliche Modifikation eines bekannten Verfahrens) ist. Der Patentschutz ist auch nicht auf die Herstellung bestimmter Lebensmittel oder Getränke beschränkt und gilt daher für jedes neue Verfahren im Bereich Lebensmittel & Getränke, von Verfahren zur Konservierung von Früchten (z. B. EP4152937B1) über Verfahren zum 3D-Druck von Lebensmitteln (z. B. EP3967158B1) bis hin zu Verfahren zur Gewinnung nützlicher Öle aus Lebensmittelabfällen (z. B. GB2611578B).
Patentieren oder nicht patentieren?
Wie entscheiden Sie, ob es sich lohnt, Ihr Verfahren zum Patent anzumelden? Die erste Überlegung ist, ob das Verfahren einen kommerziellen Wert für Ihr Unternehmen darstellt. Verschafft es Ihnen einen Vorteil gegenüber Ihren Konkurrenten, z. B. durch eine höhere Ausbeute? Vielleicht ermöglicht es Ihnen, aus Nebenprodukten, die andere Unternehmen als Abfall behandeln, einen Wert zu schaffen. Vielleicht gibt es aber auch andere Gründe für die Aufstockung Ihres Patentportfolios, etwa im Vorfeld einer Finanzierungsrunde.
Die zweite Überlegung ist, ob Sie Ihr Verfahren offenlegen wollen, was eine Voraussetzung für die Anmeldung eines Patents ist, oder ob Sie es lieber als Geschäftsgeheimnis bewahren wollen. Der Patentschutz gilt für maximal 20 Jahre ab dem Anmeldetag, während der Schutz des Geschäftsgeheimnisses potenziell unbegrenzt ist. Bei der Entscheidung, welchen Weg Sie einschlagen wollen, müssen Sie daher eine Reihe von Faktoren abwägen, z. B. ob Sie glauben, dass das Verfahren geheim gehalten werden kann, ob die innovativen Merkmale des Verfahrens durch eine Analyse des Endprodukts rückgängig gemacht werden können und wie lange der Schutz dauern soll.
Eine weitere Überlegung ist, ob es notwendig ist, das ganze Verfahren in einer Patentanmeldung zu offenbaren. Es kann möglich sein, nur einen Teil des Verfahrens zu patentieren und die anderen Schritte des Verfahrens als Geschäftsgeheimnis zu wahren. In manchen Fällen kann man mit dieser Strategie das Beste aus beiden Welten erreichen.
Was Sie in Ihre Anmeldung aufnehmen sollten
Wie bei allen Patentanmeldungen sollte eine detaillierte Beschreibung des Verfahrens enthalten sein, um den gesetzlichen Anforderungen an die Hinlänglichkeit zu genügen, d. h. die Erfindung muss so detailliert offenbart werden, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Für ein Verfahren bedeutet dies, dass alle verwendeten Geräte, Verfahrensschritte und Parameter beschrieben werden müssen. Einige dieser Merkmale können auch allgemeiner beschrieben werden. Wenn es zum Beispiel nicht wichtig ist, wie genau ein Mischvorgang durchgeführt wird, kann es ausreichen, nur anzugeben, dass die Zutaten gemischt werden. Merkmale, die für das Funktionieren der Erfindung oder für das Erreichen eines bestimmten technischen Vorteils wichtig sind, müssen jedoch ausführlicher beschrieben werden.
In der Regel enthält die Anmeldung mindestens ein Beispiel, in dem beschrieben wird, wie das Verfahren in der Praxis durchgeführt wurde. Wie in Teil 8 dieser Serie („Daten in Lebensmittel- und Getränkepatentanmeldungen – Warum, Was & Wie viel?“) erörtert, können Daten, die die Vorteile der Erfindung belegen, besonders nützlich sein, um die Niederlassung davon zu überzeugen, dass sie nicht naheliegend ist. Dies gilt auch für Verfahrensansprüche.
In der Entscheidung T1037/22 prüfte die Beschwerdekammer des EPA die Patentierbarkeit eines Verfahrens zur Herstellung einer Säuglingsnahrung. Das erfindungsgemäße Verfahren unterschied sich von einem bekannten Verfahren nur dadurch, dass es einen statischen Mischer mit geringer Scherkraft verwendete, der nach Angaben des Patentinhabers (N.V. Nutricia) zu einer engeren Verteilung der Lipidtröpfchengröße führte. Da jedoch keine Belege dafür vorlagen, dass der statische Mischer tatsächlich zu einer engeren Verteilung der Lipidtröpfchengröße führte, befand die Kammer, dass die Verwendung eines statischen Mischers für einen Fachmann eine naheliegende Alternative gewesen wäre. Im Gegensatz dazu wurde in der Anmeldung T0102/22, die sich auf eine Öl-in-Wasser-Emulsion bezog, die Verwendung von Natriumascorbat als wasserlösliches Antioxidationsmittel als nicht naheliegend eingestuft, auch wenn keine Vergleichsdaten vorlagen. Daten sind also nicht immer unerlässlich, können aber in vielen Fällen den Unterschied zwischen einem gültigen Patent und keinem Patent ausmachen.
Es ist auch wichtig, sicherzustellen, dass alle Parameter, auf die in den Ansprüchen Bezug genommen wird, genau definiert sind, damit Dritte feststellen können, ob sie innerhalb oder außerhalb des Anspruchsbereichs arbeiten und somit eine Verletzung begehen. Werden Parameter nicht ordnungsgemäß definiert und gegebenenfalls Methoden zu ihrer Messung angegeben, kann dies zu Einsprüchen wegen mangelnder Klarheit führen. Im schlimmsten Fall können diese Einwände nicht ausgeräumt werden und führen zur Zurückweisung einer Anmeldung oder zum Widerruf eines erteilten Patents. Dies kann insbesondere in Verfahren vor dem Europäischen Patentamt ein Problem darstellen, das dafür bekannt ist, dass es der Verwendung von Parametern besondere Aufmerksamkeit schenkt.
In der Entscheidung T1497/08 prüfte die Beschwerdekammer des EPA beispielsweise die Zulässigkeit eines Anspruchs, der auf ein Verfahren zur Herstellung eines gebratenen Produkts auf Mehlbasis gerichtet war. Das beanspruchte Verfahren umfasste einen Schritt zur Herstellung eines Teigs aus Mehl, Wasser und einem lipolytischen Enzym mit einer bestimmten Phospholipase-Aktivität. Im Anspruch selbst wurde jedoch nicht definiert, wie die Phospholipase-Aktivität zu messen ist. Die Einsprechenden, die das Patent angefochten hatten, argumentierten erfolgreich, dass ein Fachmann nicht wisse, welche Methode er anwenden solle, und dass der Anspruch unklar sei, da verschiedene bekannte Messmethoden zu unterschiedlichen Ergebnissen führen würden. Der Patentinhaber (Novozymes A/S) war nicht in der Lage, diesen Mangel zu beheben, und das Patent wurde schließlich widerrufen.
Ein paar wichtige Erkenntnisse, die man bei der Entwicklung eines neuen Verfahrens oder der Änderung eines bestehenden Verfahrens im Auge behalten sollte:
- Überlegen Sie, ob Ihr Prozess einen kommerziellen Vorteil bietet, wie z. B. eine höhere Effizienz oder die Umwandlung von Abfall in ein nützliches Produkt.
- Wenn ja, besprechen Sie mit Ihrem Patent Attorney, ob das Verfahren (oder Teile davon) patentierbar sein könnte, oder ob es größere Vorteile bringt, das geistige Eigentum als Geschäftsgeheimnis zu bewahren.
- Wenn Sie sich für eine Patentanmeldung entscheiden, stellen Sie sicher, dass alle Verfahrensmerkmale ausreichend detailliert beschrieben sind, insbesondere die Merkmale, die Vorteile gegenüber bekannten Verfahren bieten. Fügen Sie, wenn möglich, Vergleichsdaten hinzu und stellen Sie sicher, dass die Prozessparameter angemessen definiert sind.
Für weitere Ratschläge zur Patentierung von Verfahren im Bereich Lebensmittel & Getränke wenden Sie sich bitte an die Autorin Jennifer Bailey unter [email protected].